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Wildpflanzen und Landschaftsästhetik

Forscher der Uni Münster und des Thünen Institutes Braunschweig haben untersucht, ob Wildpflanzenkulturen als alternatives Substrat zum Mais einen ästhetischen Gewinn für das Landschaftsbild darstellen. Die Untersuchungsergebnisse sind eindeutig. Demnach führt der Biomasseanbau mit Wildpflanzen zu einer strukturreicheren Landschaft und

  • wird als attraktiver wahrgenommen,
  • findet Zustimmung nicht nur bei den Landwirten sondern auch bei Akteuren aus dem Gastronomiegewerbe, für die das Landschaftsbild ein touristisches Potenzial darstellt und
  • wird von der Mehrheit der Befragten im Vergleich mit Maiskulturen als sowohl in ästhetischer als auch ökologischer Hinsicht überlegen eingestuft.

Interessant: Landschaften mit vereinzelten Maisfeldern wurden bei den durchgeführten Befragungen nicht schlechter bewertet als Landschaften ohne Mais, dagegen sind die Bewertungen für von Mais dominierte Landschaften signifikant schlechter. Immerhin ist Mais mittlerweile neben Winterweizen die am häufigsten bei uns angebaute Kultur.

Den vollständigen Artikel im Journal „Biomass an Bioenergy“ finden Sie hier:

Huth, E.; Paltrinieri, S. & Thiele, J. (2019): Bioenergy and its effects on landscape aesthetics – A survey contrasting conventional and wild crop biomass production. Biomass and Bioenergy, Volume 122,: 313-321.

Stadtwerke Lünen lassen ab 2019 die EnergieBiene fliegen

Nach den Stadtwerken Nürtingen mit ihrem Projekt „Bienenstrom“ setzen ab 2019 auch die Stadtwerke Lünen bei der Produktion von Ökostrom auf Wildpflanzen. Mit ihrem Umweltprojekt „SWL-EnergieBiene“ leisten sie nicht nur einen wichtigen Beitrag für die Energiewende, sondern verwandeln Teile der Lippestadt in blütenreiche Lebensräume für Insekten.

Auf zwei bis drei Demonstrationsflächen werden in Lünen ab 2019 Wildpflanzen angebaut, geerntet und ihr Aufwuchs in der Biogasanlage der Stadtwerke-Tochter Bioenergie GmbH & Co. Kg vergärt. Die umweltfreundlich erzeugte Energie wird direkt in das örtliche Versorgungsnetz eingespeist. Die Demonstrationsflächen von EnergieBiene dienen im ersten Jahr dazu, interessierten Kunden und Bürgern ein Bild davon zu vermitteln, was das Projekt für die Natur und Umgebung in Lünen bedeutet. Nach der Getreideernte im Sommer 2019 wird die Etablierung (Vorbereitung und Aussaat) der Flächen für 2020 erfolgen. In den nächsten fünf Jahren sollen insgesamt auf rund 100 Hektar ertragreiche Wildpflanzen als Energiepflanzen angebaut werden. Möglich wird dieses Ziel durch kompetente Landwirte, die die Wildpflanzen-Mischungen auf ihren Ackerflächen ansäen, bewirtschaften und ernten. Sie sind ein zentraler Baustein des Projekts.

Entscheidend für den Erfolg des Projekts sind vor allem die Abnehmer, also die Strom- und Gaskunden. Mit einem Jahresbeitrag von 12 Euro kann man sich am Projekt beteiligen und nicht nur zu einem schöneren Stadtbild beitragen, sondern auch einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Insektenfauna rund um Lünen leisten.

Einen Artikel in den Ruhrnachrichten über das Projekt EnergieBiene finden Sie hier.

Stickstofffixierung durch Wildpflanzen - Gewässerschutz

Risiken der Samenausbreitung durch Gärreste?

Enthalten Gärreste von Wildpflanzenbiomasse noch keimfähige Arten die zu erhöhtem Unkrautdruck führen? Um diese Frage drehte sich eine Untersuchung der Universität Rostock in Zusammenarbeit mit dem Leibniz-Institut für Agrartechnik und Bioökonomie (ATB). Dabei stellte sich heraus, dass hartschalige Samen auch nach der Gärung noch keimfähig sind. Vor allem Steinklee und Malvenarten könnten nach Meinung der Forscher in Gärresten vorhanden sein. Allerdings: Wird der Wildpflanzen-Anbau richtig durchgeführt, findet die Ernte bereits vor der Samenreife statt und es gelangen gar nicht erst keimfähige Samen in das Erntegut. Mit einer Ausbreitung von Wildpflanzen auf Flächen, auf denen sie nicht erwünscht sind, ist also nicht zu rechnen.

Gärreste der Mischung BG 70 untersucht

Bei der Vergärung von Biomasse in Biogasanlagen entsteht neben Biogas ein sogenannter „Gärrest“, welcher aufgrund seines hohen Nährstoffgehalts als Dünger auf landwirtschaftliche Flächen ausgebracht wird. Überdauern Wildpflanzensamen diese Gärprozesse, enthalten die Gärreste keimfähige Samen die auf Flächen kommen, auf denen Wildpflanzen eigentlich unerwünscht sind. Bei der Studie der Uni Rostock und des ATB wurde der Gärrest der Blühmischung BG70 der Firma Saaten Zeller, für die eine Standzeit von bis zu fünf Jahren vorgesehen ist, nach der Gärung untersucht. Über die fünf Jahre hinweg etablierten sich vor allem Beifuß (Artemisia vulgaris), Schwarze Flockenblume (Centaurea nigra) und Rainfarn (Tanacetum vulgare), im ersten Jahr auch verschiedene Malven-Arten (Malva sp.) und im zweiten Jahr weißer und gelber Steinklee (Melilotus albus M. officinales). Bei der Untersuchung, bei der große Mengen keimfähiges Saatgut in die Biogas-Prozesskette gelangten, wurde festgestellt, dass nur hartschalige Samen die Gärung überstanden. Die Überlebensquote lag je nach Art bei bis zu 70 Prozent. Beifuß, Schwarze Flockenblume und Rainfarn sind unkritisch, da diese keine hartschaligen Samen haben. Anders sieht es bei den Steinklee- und Malven-Arten aus, welche potenziell verbreitet werden könnten.

Bei einem richtig gewählten Erntetermin ist das Risiko einer Ausbringung von keimfähigen Wildpflanzen auf Marktfruchtäckern verschwindend gering. Wer trotzdem sicher gehen will bringt die Gärreste des Wildpflanzenaufwuchses einfach auf den Wildpflanzenflächen selbst aus oder verwendet die Mischung BG90. Diese besteht aus 22 über- und mehrjährigen Stauden und wird nach frühräumender Wintergerste oder Getreideganzpflanzensilage angebaut. Probleme mit einjährigen Arten, als Steinklee und Malvenarten, hätte man bei dieser Mischung überhaupt nicht. (Text: FNR & DeWiSt/C.Wegscheider)

Die Pressemitteilung der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe finden Sie hier.

Den Endbericht zum Projekt „Wildpflanzen-Samen in der Biogas-Prozesskette – Eintrags- und Überlebensrisiko unter dem Einfluss von Prozessparametern“ finden Sie hier (Teil 1) und hier (Teil 2).

Rebhuhn Wildpflanzen für Biogas

Vorzeigebetrieb für „Energie aus Wildpflanzen“ erhält Förderpreis

Der Geflügelhof Schulte aus Ostwestfalen ist mit dem Förderpreis „Wildtierfreundliche Landwirtschaft“ der Stiftung natur+mensch ausgezeichnet worden. Der Hof zeigt beispielhaft, wie die Bestände von Feldvögeln, Niederwild und Insekten gefördert und gleichzeitig eine gewinnorientierte Landwirtschaft betrieben werden können. Ein wichtiges Element für die Kombination von Natur- und Artenschutz und landwirtschaftlicher Produktion ist der Anbau von „Energie aus Wildpflanzen, also mehrjährige, ertragreiche Wildpflanzen zur Biomasseproduktion. Gestiftet wurde der mit 5.000 € dotierte Preis von der Agrarboden GmbH & Co. KG.

Energie aus Wildpflanzen

Der Geflügelhof Schulte bewirtschaftet 200 ha Landwirtschaft und eine 500 KW Biogasanlage, deren Abwärme bei den betrieblichen Abläufen genutzt wird. Neben dem Mais als klassische Energiepflanze baut der Betrieb mittlerweile 17 ha „Energie aus Wildpflanzen“ an. Die mehrjährigen, ertragreichen Mischungen aus über 20 verschiedenen Wildpflanzenarten bieten den Wildtieren im Sommer und Winter Nahrung und Deckung und werten mit ihrer Blütenpracht das Landschaftsbild auf. Das mehrjährige Anbausystem senkt den Bearbeitungsaufwand erheblich und auf chemische Pflanzenschutzmittel kann weitgehend verzichtet werden. Darüber hinaus verbessert die Dauerkultur die Humusbilanz, Bodenerosion wird vermieden und die Nährstoffauswaschung weitgehend minimiert. Somit stellt der Anbau und die Vergärung von Wildpflanzen in der Biogasanlage einen wertvollen Beitrag zur Steigerung der Biodiversität und zum Gewässerschutz auf dem Geflügelhof Schulte dar.

Weitere Lebensraumverbesserungen

Neben „Energie aus Wildpflanzen“ werden in Schultes Revier z.T. im Rahmen von Vertragsnaturschutzprogrammen Blühstreifen mit mehrjährigen und blütenreichen Pflanzenarten angelegt, die Insekten, Feldvögeln und Niederwild Lebensraum bieten. Die Saatsstärke wird dabei bewusst gering gewählt, um dem Wild möglichst viel Bewegungsraum zu ermöglichen. Alle 2-3 Jahre werden diese Blühstreifen, die jeweils ca. 12 m breit sind, neu angesät, da die Flächen sonst vergrasen würden. Über die Jahre sind durch Schultes Hand so mehr als 35 wildtierfreundliche Maßnahmen emtstanden. Auf den Anbau von Ganzpflanzensilage, wie zum Beispiel Schnittroggen im Frühjahr oder als Zweitfrucht im Sommer, wird verzichtet, um die Wildtiere in ihren Brut- und Setzzeiten nicht zu gefährden.

Die Jagd

Richard Schulte ist langjähriger passionierter Jäger, Jagdschütze und auch Jagdpächter. Mit viel Engagement und Leidenschaft betreut er ein Revier von über 800 ha und widmet sich dabei neben der wildtierfreundlichen Lebensraumgestaltung besonders der Prädatorenbejagung. Ein flächendeckend über das ganze Revier verteiltes Netz von Lebendfangfallen reduziert die Bestände von Fuchs, Marder und Waschbär. Die gleichzeitige Bejagung von Rabenkrähe und Elster komplettieren die jagdlichen Maßnahmen zum Schutz des Niederwildes.Diese Arbeit zahlt sich aus! 2017 wurden im Revier 60 Kiebitz-Brutpaare gezählt. Und eine Feldhasenzählung in den Revieren Delbrück im Herbst 2017 ergab die stattliche Anzahl von 741 Feldhasen… .

Fachmann für blühende Biomasse

(Schwaebische.de vom 22.02.2018) Auf dem Hof der Familie Kuhn im unterfränkischen Güntersleben blüht es. Wie kein Zweiter kennt Werner Kuhn die blühenden Alternativen zum Mais bei der Biomasse-Produktion – und damit die Chancen für die Artenvielfalt durch blühende Biomasse.

Werner Huhn ist Landwirt, Jäger und Landschaftspfleger. Er ist aber auch der Mitentwickler von unterschiedlichen Blühmischungen, die blütenreiche, ganzjährige Deckung und Äsung für Niederwild und Insekten wie Bienen und Schmetterlinge bieten. Auch die Blühmischung „BG 70“ zur Biomasse-Produktion hat Kuhn gemeinsam mit der Firma Saaten-Zeller entwickelt. Er kennt die Ergebnisse verschiedener Projekte, die die ökologischen und ökonomischen Effekte von Wildpflanzenmischungen anstatt Mais zur Biomasse-Produktion untersuchten haben. Werner Kuhn ist deshalb als Berater für das Netzwerk Lebensraum Feldflur unterwegs und kennt zahlreiche Beispiele aus der Praxis, wie sich Landwirtschaft und Artenschutz erfolgreich ergänzen.

Den vollständigen Artikel in der Schwäbischen Zeitung finden Sie hier.

 

Wildpflanzen-Power lässt Lichterketten leuchten und macht Feldvögel satt

(Hamburg, 21. Dezember 2016) Passend zum Winteranfang ist eine neue Pressemittelung der Deutschen Wildtier Stiftung gemeinsam mit dem Netzwerk Lebensraum Feldflur zum doppelten Nutzen von Wildpflanzen als Energielieferant im Winter herausgekommen. Denn Wildpflanzen schonen nicht nur das Klima, sie liefern vielen Wintervögeln wertvolle Nahrung.

Gehen Spaziergänger in diesen Tagen in der Feldmark spazieren, können sie nicht nur die frische Winterluft genießen. Es könnte sich ihnen auch ein außergewöhnliches Naturschauspiel bieten: Die Invasion von Gastvögeln aus dem hohen Norden. Denn im Winter bekommen Spatzen, Meisen und Co. in Deutschland ungewöhnlich viel Gesellschaft. Die Rede ist zum Beispiel von den bunt-schillernden Seidenschwänzen, die in diesem Jahr in Scharen aus Nordosteuropa kommen. Grund ist die aktuelle Futterknappheit in ihren Heimatländern. Doch nicht nur der Seidenschwanz sucht bei uns Nahrung, auch andere Wintergäste wie Birkenzeisig und Bergfinken wollen bei uns satt werden.

Leider ist der Tisch auf unseren Feldern alles andere als reich gedeckt: Wenn im Herbst die letzten Mais- und Zuckerrübenfelder geerntet sind, dominiert der karge Acker: Seidenschwanz & Co. finden weder Samen noch Larven als Futter. „Seitdem auf den Feldern immer mehr Mais zur Stromgewinnung in Biogasanlagen angebaut wird, gibt es immer weniger Flächen, auf denen die Wintergäste Nahrung finden“, sagt Uta Hennig von der Deutschen Wildtier Stiftung.

Doch Vogelfutter auf der einen und Strom aus Biomasse auf der anderen Seite schließen sich nicht aus: Wenn Energie in Form von Wildpflanzen auf dem Acker wächst, finden die Vögel aus dem hohen Norden und unsere heimischen Wildtiere was zu Knabbern und ein geschütztes Plätzchen für kalte Tage. Fenchel, Steinklee, Wilde Möhre und Malve – als Biomasse vergoren und in Biogasanlagen zu Strom umgewandelt – lassen unsere Lichterketten leuchten und helfen den Tieren über den Winter. Denn nach der Ernte im Spätsommer sind die Wildpflanzen bereits im November wieder kniehoch und bieten Unterschlupf für unsere ackerbewohnende Vogelfauna wie Rebhuhn, Grauammer oder Bluthänfling. In den im Winter abgestorbenen Stängeln der staudigen Pflanzen leben Insekten und Spinnen und ihre Eier und Larven. Das wiederum bietet weiteren Vogelarten wie dem Stieglitz und dem Neuntöter eine wichtige Nahrungsquelle, die sich bis zu unseren Vögeln aus dem hohen Norden rumspricht, die jährlich voller Eifer hier nach Nahrung suchen.

Damit die Rast der Gastvögel bei uns kein Kurzbesuch bleibt, fordert die Deutsche Wildtier Stiftung gemeinsam mit dem Netzwerk Lebensraum Feldflur eine finanzielle Unterstützung für den Anbau von Wildpflanzen und deren Nutzung in Biogasanlagen durch die Agrarpolitik. „Statt Agrarsubventionen per Gießkanne sollte der Wildpflanzenanbau gezielt gefördert werden, damit sich Naturschutz finanziell für den Landwirt auch lohnt“, sagt Uta Hennig. Am Ende würden Mensch und Tier profitieren, wenn mehr Wildpflanzen-Power aus der Steckdose kommt.

Kostenloses Bildmaterial und Pressekontakt finden Sie hier.

Gemeinsam mit dem Netzwerk Lebensraum Feldflur, ein Zusammenschluss aus bisher 24 Akteuren des Naturschutzes, der Imkerverbände, der Jagd und der Energiewirtschaft, setzt sich die Deutsche Wildtier Stiftung u.a. für eine Förderung von Energie aus Wildpflanzen im Rahmen der Agrarpolitik ein.

© E. Gottschalk